
Leseprobe aus *die fehlende Hand der Weiblichkeit*
ISBN 978-3982-668901 von Art Adoro www.artadoro.com
Im Zentrum von Velden am Wörthersee
Im Haupthotel der Familie, der Dynastie „Weinhofer“ sind vor
Ort, Chantal, ihr dominanter Vater Walter-Leonhard, eine
stattliche Erscheinung, ein Patriarch. Ein Menschenfänger
und von Zeit zu Zeit auch ein Choleriker. Ein Macho ebenso
wie ein Besserwisser und nur nach außen hin ein netter
Mensch.
Die Gäste im Hotel lieben seinen Charme, seine Anwesenheit
und dass er immer ein offenes Ohr für sie hat. Für seine Gäste
bleibt kein Wunsch unerfüllt.
Seine, ihm angetraute Gattin Kriemhild, ist genau das Pendant
dazu. Diese haben vor fast einem halben Jahrhundert nicht aus
Kriemhild tanzt nach seiner Pfeife, zum Wohle aller.
Liebe geheiratet. Das war seinerzeit nicht en vogue. Es ging
um die Erhaltung und Vergrößerung der Dynastie. Dahaben
Gefühle nur Platz in der zweiten Reihe. Mag sein, dass aus
diesem Grunde das Verhalten der 3ten Tochter, der Chantal,
sich erklären lässt.
Chantal ist, wie bereits erwähnt, ein Typ von Frau, welche
sich nimmt, was und wen sie will. Gedanklich hat sich Chantal
in der Kinderzeit bei Bedarf auf ihren Boden und auch real
auf den Boden der Tatsachen hingeworfen. Schaden hat
Chantal nicht äußerlich davongetragen. Vielmehr innerlich
und davon reichlich.
Ihre Geschwister sind etwas anders geartet. Spielen in dieser
Familie eine eher beiläufige Rolle.
Somit ist Chantal immer mehr gefragt, oft in ihrer Rolle von
Unsicherheit geprägt und sie neigt zu ruppigen Entscheidungen.
Stets unter dem Vorwand „zum Wohle der Familie“.
Der Deckmantel der Unverfrorenheit ist dabei mächtig weit
geschnitten. Der eingeheiratete Franjo ist halt der familiäre
Depp und das gesellschaftliche Aushängeschild einer subtilen
Subkultur der Dekadenz und des gesellschaftlichen Größenwahns.
Heute nun ist der neue Saisonplan erstellt und die Abfolge
der Besonderheiten und Stattfindungen sollen besprochen
werden. Gilt es doch, etwas besser zu sein als all die anderen
Größen am Ort und die Gesellschaft soll sich messen an
den der Weinhofer`.
Walter-Leonhard erhebt sich würdevoll und ergreift das Wort.
“Meine liebe Familie, ich freue mich sehr über unser gemeinsames
Projekt. Wieder einmal haben wir es geschafft einen
ereignisreichen Saisonplan zu erstellen. Unsere Veranstaltungen
stellen in diesem Jahr alles Vergangene in den Schatten,
die Familie Weinhofer wird in diesem Sommer wieder die
Nummer eins und in aller Munde sein. Meinen ganz beson-
deren Dank richte ich an meine geliebte Tochter Chantal.
Chantal die Dynastie ´Weinhofer` dankt dir für dein unermüd-
liches Engagement. Ich danke dir Kriemhild für die Organisation
und den technischen Ablauf.
Von meinem Schwiegersohn dem Professor für Kunst- und
Kulturgeschichte erwarte ich wieder einen ausnahmslos ful-
minanten und unvergesslichen Vortrag, von dem alle reden
und die Familie Weinhofer erstrahlen lässt. Ebenso mein gütiger
Franz-Josef stehst du anschließend unseren lieben und
hochgeschätzten Gästen Rede und Antwort.
So, genug der Lobeshymnen, alle wieder ran ans Tagesge-
schäft, die Arbeit ruft und Stillstand können wir uns nicht
leisten.”
Die Damen des Hauses lächeln den Patriarchen dankend an
und nicken ihm freue strahlend zu.
Chantal flüstert ihrer Mutter noch ins Ohr, “Papa ist einfach
großartig.”
Franz-Josef sitzt wie immer fast teilnahmslos am großen
Tisch, er kann es fast nicht glauben was hier abläuft. Er
schüttelt sich und wünscht er wäre wo anders, seine Gedan-
ken sind bei Marie oder doch besser bei Chiara. Ach, egal
Hauptsache in den Armen einer erotischen und lustvollen
Frau, die ihn von diesem tristen und unehrlichen Dasein
ablenkt. Nur ein paar Tage muss er noch durchhalten, dann
ist dieses Theaterspiel vorbei.
Das Hauspersonal des ersten Hotels am Platz dem „Platz-
Hirsch“ hat einen traditionellen Raum auf Anordnung
Kriemhilds, der `Grand Dame` dezent geschmückt. Under-
Statement muss schon sein. Man ist schließlich wer und hat
Aufschneiderei nicht nötig. Zumindest äußerlich.
Es sind Abende der Lesungen, Kunstausstellungen, und Ver-
anstaltungen diverser Liebhabereien geplant. Das traditionelle
Wörthersee Tanzfest vom Kärntner Volkstanz bis zum
Wiener Walzer ist angesagt. Für die Bourgeoisie darf das Ur-
sprüngliche nicht fehlen.
Franz-Josef bekommt seinen Platz für Lesungen und Vor-
träge über den Maler „Caravaggio“.
Das Automobilfest der Boliden Ferrari und Lamborghini muss
dabei sein.
Nach einer gefühlten Ewigkeit wird der Plan gemeinsam be-
schlossen. Franz-Josef und Chantal, der Patriarch und seine
Grand Dame spielen ihr Spiel und kokettieren mit ihren Gästen.
Dazu zählen derzeit Größen aus der Kunst und der Politik.
Unweit des Schlosshotels gesellen sich von Zeit zu Zeit auch
die Damen und Herren der Schauspielkunst in ihr Etablissement.
So wie einst Roy Black und die gesamte Garde der Filmschaffenden.
Das ist jedoch schon eine Zeit her und davon zerrt
die Gastronomie in Velden noch gut und gerne.
Draußen schieben sich die Touristen durch die belebte Innen-
stadt, das Casino freut sich über die Damen und Herren der
feinen Gesellschaft. Diese sitzen außen und sind Garant für
die Selbstverliebtheit der Menschen. Sehen und gesehen
werden ist wie immer die Domäne in Velden. Davon lebt der
Ort gut und auch gerne, seit Jahr und Tag.
Elisabeth und Professore Andrea meiden diesen Ort nach
Möglichkeit im Sommer in den Hauptzeiten und genießen
mehr die Peripherie. Dennoch stehen sie immer weit oben
auf den zahlreichen Gästelisten der Hotels und sind bei
Veranstaltungen gerne gesehen.
Chantal spielt ihr Spiel mit Franz-Josef, welcher mehr recht
als schlecht ihren Gegenspieler abgibt.
Franz-Josef hofft seit geraumer Zeit auf seinen Befreiungs-
schlag. Oft war er schon drauf und dran, alles hinzuschmeißen-
Zu sehr ist er dieses Lügengebilde satt, wäre da nicht
die nackte Abhängigkeit seines Lebens vom schnöden
Mammon der allmächtigen Familie.
Wurde doch im Mittelalter Mammon allgemein als Dämon
des Reichtums und der Gier verkörpert. Franz-Josef meint,
dass Tugendhaftigkeit nicht mit Gier vereinbar ist. Er sagt,
kein Mensch kann zwei Herren Dienen und meint damit Gott
und dem Mammon.